Veronika Pernthaner-Maeke ist Gründerin und Obfrau von Buntstifte Äthiopien. Hauptberuflich arbeitet sie als Geschäftsführerin des Salzburger Amateurtheaterverbandes, Theaterregisseurin, Schauspielerin und Autorin. Sie ist diplomierte Krankenschwester für Psychiatrie und Neurologie sowie ausgebildete Langlauflehrerin.
Die erste Konfrontation 2011
Am Beginn stand eine Rundreise zu den historischen Stätten Äthiopiens im Jänner 2011.
Um einmal aus der Linie des Kulturbetriebes zu treten und Klarheit in persönlichen Entscheidungen zu finden, unternahm ich diese geführte Gruppenreise. Dort beeindruckten mich einerseits die großen Kultur- und Religionsstätten, die ältesten menschlichen Ausgrabungen und die grandiose Landschaft, andererseits erschütterte mich die Konfrontation mit der scheinbar alltäglichen Armut. Bettelnde oder schwer arbeitende Kinder auf den Straßen, Kleinkinder, die sich den Touristen für ein Foto zur Verfügung stellen und tätscheln lassen, um dafür einen Birr (Äthiopische Währung ETB: 30 Birr = 1€) zu bekommen, kranke oder sterbende Menschen vor Kirchen, Moscheen oder Touristenattraktionen – sie alle wurden von Gläubigen verschiedener Konfessionen und von Reisenden oder Passanten wie selbstverständlich hingenommen oder gleich ignoriert. Bettelnde Kinder aus Restaurants oder (schlimmstenfalls) aus Gottesdiensten zu vertreiben, fand (und finde) ich schockierend.
1. Aktion
Aus so einer Situation entstand ganz unabsichtlich meine erste Aktion: Bettelnde Kinder sollten (mit Stöcken und Drohungen) von unserem christlichen Gottesdienst auf freiem Feld ferngehalten werden. Ich entschied mich, stattdessen einen Gottesdienst mit diesen Kindern auf meine Art zu feiern und spielte, tanzte und sang mit den herbeilaufenden Kindern. Am Ende dieser knappen Stunde waren wir eine ansehnliche Gruppe von Kindern und Erwachsenen, die gerade etwas ungeheuer Schönes gemeinsam erlebt hatten.
1. Spende
Im Verlauf dieser Reise lernte ich in verschiedenen Städten Kinder und Erwachsene kennen, die mich in ihre Hütten einluden und mir ihre Schulen oder auch ihre kranken Angehörigen vorstellten, während die Reisegruppe diverse Sehenswürdigkeiten besuchte. Treffpunkt war jeweils der Reisebus zur vereinbarten Zeit. Dahin kehrte ich zum wiederholten Mal mit einer Schar Kinder zurück, als mir ein mitreisender Arzt aus Deutschland 100 USD in die Hand drückte: „Sie machen da etwas, was ich auch gerne tun würde, aber ich kann das nicht. Bitte verwenden Sie mein Geld für etwas Sinnvolles.“ Ich stattete damit eine Schule mit Heften, Stiften und Bällen aus.
Die erste Reise alleine
Nach der Rückkehr aus diesem Urlaub war für mich klar, dass dort noch mehr für mich zu tun war.Also packte ich ein halbes Jahr später meine Koffer, nahm viele Buntstifte und Spielutensilien mit und traf mich in Addis Abeba mit einem einheimischen Arzt, den ich auf der ersten Reise kennengelernt hatte. Mit den öffentlichen Bussen fuhren wir weiter nach Tepi/Kubito im subtropischen Westen Äthiopiens und arbeiteten dort in der kleinen Krankenstation Kubito als einziger Versorgungsstelle für Menschen aus mehreren umliegenden Dörfern. Patientinnen und Patienten kamen mit Krankheiten von Malaria oder Typhus bis HIV-Aids, zur Entbindung von Kindern, mit gebrochenen Beinen, Zahnschmerzen u.s.w. Unsere Ausrüstung: Stethoskop, drei verschiedene Medikamente, kein Fieberthermometer. Ich war hoffnungslos überfordert.
1. Erfahrung mit Buntstiften – eine Massenrauferei
In Tepi stattete ich 120 Obdachlose mit Kleidung und Decken aus. Zwischendurch war immer wieder Zeit, mit den mitgebrachten Buntstiften mit Kindern, die auf ihre Krankenbehandlung oder auf ihre Mütter warteten, zu malen. In kleinen Gruppen funktionierte das sehr gut, und es war für die Kinder neu und aufregend. Es waren meist schwer arbeitende Kinder ohne Möglichkeit, eine Schule zu besuchen, und Buntstifte hatten sie nie zuvor gesehen. Von Tag zu Tag kamen mehr Kinder, bis ich meinen Koffer öffnete, um die Buntstifte zu verteilen. Damit löste ich auf dem Dorfplatz von Kubito, im Schlamm der Regenzeit, eine Massenrauferei um Buntstifte aus. Ich schämte mich und beschloss, es künftig viel besser zu machen.
1. Kooperation mit einer angemeldeten NGO (=regierungsunabhängige Organisation)
Ich erlebte die Unterversorgung mit Medizin und Bildungsmöglichkeiten und traf im Bus auf meiner dreitägigen Rückreise nach Addis Abeba auf Menschen, die ihr ganzes Geld dazu aufwendeten, um in ein Krankenhaus oder in eine Stadt mit Berufsmöglichkeiten oder zu Verwandten zu gelangen. Mir begegneten Frauen, die mit ihren Kindern in Addis Abeba oder anderen Städten ohne jede Absicherung aus den Bussen stiegen und damit von der Not ins Elend gerieten. Auf meiner Suche nach Institutionen, die sich dieser Frauen und Kinder annahmen, lernte ich mehrere NGOs kennen und konnte viel über unterschiedliche Möglichkeiten der Hilfe, über äthiopisches Denken und über Bürokratie lernen. Ich entschied mich für die Unterstützung einer kleinen NGO namens Bisrat Development Organisation.
Vereinsgründung in Österreich 2012
Von nun an ging es sehr schnell. Die Spenden wuchsen und damit auch die Verantwortung.
Es war keine Werbung nötig, einzig die Mundpropaganda meiner Freundinnen und Freunde bescherte mir so viele Spenden, dass es mir sinnvoll erschien, einen Spendenverein zu gründen, um Seriosität und Transparenz garantieren zu können.
Seither unverändert ist der Umgang mit den Spenden. Jeder Cent geht zu den bedürftigen Menschen in Äthiopien. Meine Arbeit bleibt ehrenamtlich und alle meine Aufwendungen und Reisekosten zahle ich selbst. Die Vereinsmitglieder von BUNTSTIFTE und weitere Unterstützerinnen und Unterstützer in Österreich arbeiten ehrenamtlich, kostenpflichtige Dienstleistungen dritter bezahle ich privat.
BRIGHT HOPE CHARITY ORGANISATION (BHCO) in Addis Abeba – Vereinsgründung 2015
Ich durfte wunderbare Äthiopierinnen und Äthiopier kennenlernen, mit denen ich gemeinsam die NGO „BHCO“ in Kotebe, einem Armutshügel am Rand von Addis Abeba gründete. Ein Team aus Direktor, Sozialarbeiterinnen, Kassierin, Lehrerinnen und Lehrern und einer Sekretärin arbeiten professionell und mit liebevoller Empathie mit bedürftigen Frauen und Kindern für ortsübliche Entlohnung und identifizieren sich mit unserer Organisation.
BUNTSTIFTE trifft die finanziellen, programmatischen und personellen Entscheidungen in respektvollem Ideenaustausch mit dem Team, das das jeweilige Jahresprogramm umzusetzen hat.
Die Kombination aus Problemanalyse, Erfahrung und Ortskenntnis, aus kreativen Lösungsideen und Lernmaterialien, mit Mut zu Neuem und Mut zum Scheitern bewährt sich bis heute. Unser Team ist stabil und die Organisation arbeitet mittlerweile in Addis Abeba anerkannt und hervorragend vernetzt.
Was wir für die Frauen und Kinder gemeinsam bewirken, beschreiben wir in „Buntstifte –Stadt“ und in den Jahresberichten.
1. Landprojekt
Auf meiner nächsten Reise 2013 durfte ich die große NGO AGRI SERVICE ETHIOPIA kennenlernen. Gemeinsam starteten wir unser erstes Dorfprojekt in der Region Bale im Somali-Oromo Gebiet im Südosten Äthiopiens. Weitere Projekte dieser fruchtbaren Zusammenarbeit folgten in den darauffolgenden Jahren.Was wir für die Frauen und Kinder in den Dörfern bewirken, beschreiben wir in „Buntstifte –Land“ und in den Jahresberichten.
Kinder und Jugendliche in Europa und in Äthiopien – besondere Aktionen
Mit unseren Aktionen in Schulen erweitern wir den Horizont der europäischen Schülerinnen und Schüler und stellen eine persönliche Beziehung zu den Kindern und Jugendlichen in Äthiopien her. Zeichnungen, Briefe und Präsentationen werden ausgetauscht, womit auch Verständnis für die Lebensrealität auf dem anderen Kontinent gefördert wird. Das Motto lautet: „Füreinander da sein und voneinander lernen.“
1. Kooperation mit SOS Sahel Ethiopia 2021 – Unterstützt durch das Land Salzburg
Die Finanzierung durch das Land Salzburg ermöglicht uns jetzt ein weiteres Entwicklungsprojekt in der Region Bale. Wir starten in Dodola das „Livelihood improvement for Rural women project“ Projektdauer: Drei Jahre
Besondere Aktion: „Schöne Blume“
Schülerinnen und Schüler der Schulen MORG Grödig, VS Kraiwiesen, HAK Hallein und Montessori – Schule Freising spendeten für Zeichenmaterialien für die äthiopischen Kinder. Die Kinder in Äthiopien kreierten als Dankbotschaft vier Großgemälde mit dem Titel „Addis Abeba“ (auf Deutsch „Schöne Blume“). Ich durfte die Geschenke und Foto –Dokumente nördlich und südlich der Sahara übergeben.
Unser Logo
Die Kinder der VS Kraiwiesen wurden in Bildervorträgen über das Leben der Kinder in Äthiopien informiert. Im fächerübergreifenden Unterricht setzten sie ihre Eindrücke künstlerisch um und gestalteten T-Shirts mit Bildern ihrer Phantasie. Mit diesen T-Shirts bekleidet, starteten sie eine Sammelaktion für BUNTSTIFTE. Das Ergebnis war einerseits ein überwältigender Spendenbetrag und andererseits ein künstlerischer Erfolg. Aus einer Vielzahl von kreativen Ideen und tollen Zeichnungen auf den T-Shirts konnte dann das Design des siebenjährigen Paul-Luis Wuppinger von BUNTSTIFTE als neues LOGO übernommen werden. BUNTSTIFTE bedankt sich bei Paul-Luis und allen beteiligten Kindern und Lehrerinnen!